LAGE
Das August-Hermann-Francke-Haus liegt in ländlicher Umgebung, nördlich des Ortskerns von Bad Laasphe. Oberhalb des Grundstücks liegen größere Bauten, u.a. zwei Hotels, dahinter beginnt ein großes Waldareal. Neben den bereits erwähnten Hotels befinden sich noch weitere Bauten in unmittelbarer Nähe des Wohnheims der Diakonie Südwestfalen, u. a. eine Schule und ein Kindergarten. Auch zwei- bis dreigeschossige Wohnhäuser, also kleinteiligere Bebauungen, sind in der Umgebung vorhanden. Die Innenstadt ist von der Sebastian-Kneipp-Straße in einigen Minuten fußläufig zu erreichen. Die zentrumsnahe Lage des Wohnheims begünstigt die Verwirklichung des Teilhabegedankens von Menschen mit einer Behinderung.
KONZEPT
Die Größenstruktur, der überwiegend kleinteiligen Bebauung im Umkreis des August-Hermann-Francke-Hauses, wurde auf die Baukörper des neugeplanten Gebäudes übertragen. Auch die Geschossigkeit von drei Etagen wurde hierauf angewendet. Die Typologie der umgebenden Gebäude ist klar von Satteldachhäusern geprägt. Um die Bewohner nicht bereits durch die Architektur Ihres Zuhauses zu stigmatisieren, wurde diese Kubatur im Groben aufgegriffen. Allerdings sind die meistens Gebäude in der Gegend mit dem First parallel zum Hang ausgebildet worden.
ln diesem Entwurf wurde jedoch der Blick zum Ortskern giebelseitig geöffnet, d.h. die Firstrichtung wendet sich hangabwärts. Dadurch soll sich für die Bewohner der Blick in Richtung Tal öffnen und Passanten sollen den Eindruck eines offenen Hauses vermittelt bekommen, um Berührungsängste abzubauen.
ENTWURFSGEDANKE
Für meine Arbeit ist mir wichtig, dass mögliche ,alte' Gedanken über Heimunterbringung nicht in meinem Entwurf zum Tragen kommen. Ich möchte den Bewohnern ein Gebäude schaffen, welches sie als ein,Zuhause' ansehen können.ln diesem Zuhause sollen sie ihren Alltag so selbstständig wie möglich bewältigen können. Daher waren folgende Aspekte maßgeblich bei meinem Entwurf:
Das Gebäude soll sich mit seiner Architektur in das Orts- und Landschaftbild einfügen - kein Stigmatisieren durch althergebrachte Heimstrukturen durch:
- Aufgreifen ähnlicher Kubaturen aus der Umgebungsbebauung
- Verwendung ortstypischer Materialien
Bad Laasphe liegt im Rothaargebirge und dieses ist bekannt für seine Schiefervorkommen. Die Verwendung des Natursteins (Grauwacke) beim"Riegel" lehnt sich an die natürlich vorkommenden Gesteine an. - Die einzelnen Häuser, die auf dem Riegel stehen, wurden mit einer vertikalen Holzverschalung versehen. Die langre Haubergtradition des Siegerlandes und der Anschluss zum Rothaargebirge bilden die Grundlage für den Einsatz des Holzes als maßgeblichen Baustoff.
- Der Umgang mit der Topografie- das Einbeziehen der Hanglage
- Daraus ergaben sich 3 (4) Häuser am Hang, die auf einem Baukörper stehen, der sich aus dem Hang erhebt.
FASSADENGESTALTUNG
Um im Sockelbereich - also dem Riegel - eine Spannung zu erzeugen, wechseln sich breite und schmale Öffnungen ab. Die Anordnung erfolgt nach dem Nutzungsprinzip im Innenraum. Die privateren Bereiche liegen hinter den schmaleren Fenstern, wobei die öffentlichen und halb-öffentlichen Räumlichkeiten hinter den breiten und schmalen Öffnungselementen liegen. Die Rasterung folgt einer homogenen Struktur, wobei sich die Abstände in Form von drei wiederkehrenden Maßen immer wiederholen. Da sich der Riegel und die Bewohnerhäuser in ihrer Materialität stark voneinander unterscheiden, aber inhaltlich doch eine Einheit mbilden, wird das oben beschriebene Schema in verfremdeter Form wie folgt wieder aufgegriffen:
Die Fenster an der Giebelseite liegen in der gedachten Verlängerung der vertikalen Linien aus den Öffnungsbereichen des Riegels. Die kleinen Eckfenster, die sich daraus ergeben, bilden an den Längsseiten ein durchgängiges Fensterband (mit DK- und FV-Eiementen), das rückseitig wieder mit einem Eckfenster abschließt.
Sie umschließen das Gebäude sozusagen klammerartig. Diese Klammer wird jeweils versetzt (EG - OG, OG - EG) auf der gegenüberliegenden Längsseite "geschlossen". Auch bei den anderen Lichtelementen der Längsseiten, finden sich ausschließlich die Fenstergrößen aus dem unteren Bereich der Rasterung wieder.
Die größeren Fensterbereiche der nördlichen Giebelseite knüpfen in gespiegelter Form an die der Südseite an. Die verschiebbaren Holzelemente dienen als Blendschutz und verändern das Fassadenbild stetig. Durch dieses Aufgreifen der Rasterung im Riegelbereich ergibt sich somit für jedes Bewohnerhaus eine sehr ähnliche, aber doch leicht unterschiedliche Fensterstruktur, um den homogenen Eindruck aufzubrechen.
Das Gemeinschaftshaus unterbricht diese Struktur ganz bewusst, um stärker zum Ausdruck zu bringen, dass an diesem Ort das ,Gemeinschaftliche' geschieht. Die großen Fensterflächen sollen einerseits den Eindruck des offenen Hauses verstärken, aber andererseits natürlich auch eine gute Aussicht bieten. Die Dächer sind so gestaltet, dass die Giebelwände und die Attika höher gezogen sind als der eigentliche First liegt. So bleibt aus südlicher Richtung blickend der Eindruck der homogenen Fassade an den Giebelseiten erhalten. Aus Norden den Hang hinabblickend sind die Gründächer aber sichtbar und so fügen Sie sich gut in das gesamte Landschaftsbild ein. Die versetzten Firstlinien abstrahieren die klassischen Satteldächer der Umgebung. Die nachhaltige Verknüpfung ökonomischer als auch ökologischer Aspekte beim Einsatz von begrünten Dächern ist ein weiterer Grund, diese zum Einsatz zu bringen.
Gründächer bieten Lebensraum für Pflanzen und Tiere, sie dienen dem Regenwasserrückhalt, verbessern das Stadtklima, binden Staub und Schadstoffe, verbessern das Landschaftsbild. Es gibt auch viele konstruktive Vorteile: Schutz der Dachabdichtung, Lärmminderung, Wärmedämmung, u.v.m.
DER AUSSENBEREICH
Ein Spazierweg führt von der unteren Grundstücksgrenze rechterhand am Gebäude vorbei. Wünschenswert wäre es, wenn sich Besucher oder Spaziergänger eingeladen fühlen, den Weg entlang zu gehen. So könnten weitere Berührungsängste abgebaut und Berührungspunkte geschaffen werden.
Betrachtet man nun das Gemeinschaftshaus, unterscheidet es sich nicht in der Dimensionierung von den anderen drei Häusern, wohl aber in der Kubatur und in der Lage: Im Vergleich zu den anderen Gebäudeteilen ist es zurück versetzt und hat ein Flachdach. Der ankommende Besucher - ob nun vom Parkplatz, dem Erschließungsweg an der Hangkante oder vom Spazierweg kommend - soll so "automatisch" zum Eingangshaus geleitet werden. Über den sogenannten Erschließungsweg schiebt sich das Obergeschoss des Gemeinschaftshauses in den Hang, sodass sich daraus die überdachte Eingangssituation im Erdgeschoss ergibt. Die Menschen, die zur Einrichtung kommen, sollen sich angeregt werden, einzutreten und am gemeinschaftlichen Leben teilzuhaben. Im Gemeinschaftshaus gibt es direkt am Eingang, rechterhand
einen lnformationsbereich, um dort Anmeldeformalitäten zu klären, aber auch um dort Informationsmaterial über die Einrichtung zu bekommen oder um sich über die Sehenswürdigkeiten bzw. Freizeitmöglichkeiten des Siegerlandes zu erhalten. Ein großzügiger, offener Küchenbereich und viel Platz zum Essen, Reden, Spielen, Basteln, Lesen, sind maßgeblich für das Konzept des"Gemeinschaftshauses". Zudem bietet er Raum für Seminare und/oder Fortbildungen, aber auch für gemeinsame Feiern, Nutzung des Internet-Terminals o. äh.
Der Grundgedanke der INKLUSION soll durch das Konzept des Gemeinschaftshauses vorangebracht werden. Menschen aus der Einrichtung, Nachbarn, Freunde und Angehörige der Bewohner und auch die Mitarbeiter sollen es gleichberechtigt und gemeinsam nutzen und sich gegenseitig helfen und unterstützen.
Im Obergeschoss des Gemeinschaftshauses gibt es eine große Rückzugsbox für diejenigen, denen der Trubel im EG zu viel wird. Ebenfalls findet man dort zwei Gästezimmer für Angehörige und Freunde der Bewohner vor.
Damit auch das dem OG des Gemeinschaftshauses gegenüberliegende Ausstellungshaus barrierefrei zu erreichen ist, öffnet es sich in diese Richtung mit einer großen Glastür. So erreicht man auch u. a. den oberen Teil des Hangs. Steht man auf der Galerie, öffnen die großen Fensterfronten im Süden den Blick ins Tal in Richtung Stadt. Im nördlichen Bereich kann man auf den Erschließungsweg schauen und nimmt so auch dort indirekt am Geschehen Teil.
GRUNDRISSE
ANSICHTEN
VISUALISIERUNGEN
INNENRAUM
Da viele Bewohner ihr halbes Leben in dieser Einrichtung verbringen, ist es notwendig, dass sie sich ,zuhause' fühlen.
Das zeichnet sich zum einen dadurch aus, dass das bestehende drei Wohngruppenprinzip aufrecht erhalten bleibt; aber jeder Wohngruppe ein eigenes Haus über zwei Etagen zugeordnet wird. Darin finden je vier Klienten pro Etage, also insgesamt acht Personen pro Gebäude ein Zimmer.
Jedem Bewohnerwird ein kleines Appartement (ca. 18 qm) und ein eigenes Bad (ca. 10 qm) zur Verfügung gestellt. So soll das Gefühl vermittelt werden, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, da die Bewohner sich nach ihrem Geschmack selbst einrichten können. Dies ist in den derzeitigen Mehrbettzimmern und Gemeinschaftsbädern nur bedingt möglich. Es gibt in jedem Haus einen großzügigen Küchen- und Gemeinschaftsbereich, aber auch Rückzugmöglichkeiten in Form der "Rückzugsboxen". Dies sind halbhohe Elemente aus Holz mit Einschnitten zum Durchschauen aber auch um dort Spiele, Bücher, etc. unterzubringen. Gemütliche Sound Lounge Sofas füllen die Box aus. Dort kann man über mehrere Kopfhörer verschiedener Musik, Entspannungsklängen oder Hörbüchern lauschen. Die großzügige Galerie, die den Blick auf die Gemeinschaftsbereiche frei lässt, ermöglicht, dass auch die Bewohner der oberen Etage die Möglichkeit haben, die Geschehnisse mitzubekommen. Selbstverständlich sind alle Häuser barrierefrei gestaltet. Durch den Riegel, d. h. das unterste Geschoss, sind alle Gebäude durch Treppenhäuser und Aufzüge miteinander verbunden.
Diesem sind eher funktionelle Räumlichkeiten zugeordnet. Dort befinden sich ein Pflegebad für jede Wohngruppe, Therapieräume, etc.
Außerdem stellt er die Verbindung zu den Terrassen und dem unteren Gartenteil dar, wo gemeinschaftliche Aktivitäten, wie Boule spielen, Kaffee trinken, spazieren, sonnen, reden etc. stattfinden können.
Die Decke des Riegels bildet gleichzeitig die Erschließungsebene der Bewohnerhäuser und des Extrahauses- dem Gemeinschaftshaus-sowie eines weiteren, kleineres Außenbereichs vor dem Gemeinschaftshaus. Dieser nach Süden orientierte kleine Platz lädt zum Grillen und zum Verweilen ein.