Am 154 Kilometer langen Rothaarsteig oder auch „Weg der Sinne“ genannt, der als einer der schönsten Höhenwege in Europa gilt, liegt an der Lichtung eines Industriewaldes an der Oberndorfer Höhe der Bauplatz dieses Entwurfes. Die Form entstand bei dem Gedanken an ein Gipfelkreuz, angepasst an die lokale Situation: wenig Steigung am Hang und Bewaldung da Industriewaldgebiet.
So ergab es sich, dass der Entwurf nur durch Überhöhung aus den umliegenden Baumwipfeln herausbrechen kann, damit man die Aussicht, die einem das sich dort erstreckende Tal bietet, genießen kann.
Das Ziel war es, das Gebiet entlang der Wanderrouten und Mountainbike Trails rund um die Oberndorfer Höhe attraktiver zu gestalten, durch ein Konzept und einen Entwurf unmittelbar an den Routen.
Kernelemente sind die Gastronomie, Einkehrmöglichkeit und das Erlebnis der Aussichten, welches das Gebäude bietet. Priorität haben funktionale Grundrisse und Abläufe innerhalb des Gebäudes sowie die Nachhaltigkeit der Konstruktion. Zudem soll es durch seine Ästhetik einen bleibenden Eindruck hinterlassen und bereits aus der Ferne erspäht werden können– ein Landmark.
Erschließung spielt eine große Rolle in dem Entwurf. Er verbindet Wanderwege, die auf verschiedenen Höhen liegen und bietet zudem ein Erlebnis das Natur und Architektur verbindet. Der Entwurf sticht mit seinen klaren Kanten und seiner modernen, strukturierten Form aus der umliegenden Natur heraus, fügt sich aber gleichzeitig auch in sie ein, abhängig aus welchem Blinkwinkel man das Gebäude betrachtet. Das Gebäude rahmt zahlreiche Blickachsen durch die Form der Korpusse ein und ermöglicht zudem atemberaubende Aussichten.
Das Materialkonzept und Tragwerkskonzept wurde aus der Lage des Entwurfes heraus entwickelt. Wir befinden uns in einem Industriewald auf einem Gebirgsmassiv, daher lagert Symbolisch eine Holzrahmen-/Holzskleletthybridkonstruktion auf einem Betonsockel, welcher aus dem Berg herausdringt. Im Kontrast zu der Außenhaut wird durch die Materialwahl im Innenraum sowie durch das Lichtkonzept in den Aufenthaltsbereichen eine gemütliche Wohlfühlstimmung erzeugt, dort wird hauptsächlich auf Holz gesetzt. Angelehnt an voralpine/alpine Architektur wurden Decken, Böden sowie die Fassade sind mit regionalen Hölzern bekleidet. Durch homogene Oberflächen, wie die Wände in den Doppelzimmern als auch durch den Sichtbeton in den Treppenhäusern bekommt das Auge auch genügend Möglichkeiten zu ruhen. Die Treppenhäuser sind reine Funktionselemente, statisch als auch auf der Nutzungsebene. Sie setzen sich im Material von dem Rest des Entwurfes ab, teilweise ist es unbeheizter Außenraum und daher einfach zu warten und instand zu halten.
Das gesamte Gebäude ist barrierefrei, der Parkplatz liegt ebenerdig und es gibt einen Aufzug.
Die Entwicklung des Entwurfs in den einzelnen Stadien
Am Anfang stand die Idee des Gipfelkreuzes. Mit dieser Form als Massekörper wurde experimentiert. Die Aufenthaltsräume sollten sich entlang des Bergrücken orientieren, die bestehenden Wanderwege aber nicht tangieren oder gar unterbrechen. Eine Haupterschließungsachse entstand und zudem musste das Raumprogramm von rund 500 m² untergebracht werden, daher wurden die Körper extrudiert. Im dritten Schritt wurden die Nutzungsbereiche und Raumprogramme erstellt. Gelb: Erschließung und öffentlicher Bereich. Hellblau: die Gastronomie sowie die Wirtschafts-, Sanitär- und Personalräume (halböffentlicher Bereich). Dunkelblau: Doppelzimmer sowie eine Suite und die Wohnung des Pächters der Anlage (privater Bereich). In letzter Instanz wurden die Körper den Grundrissen angepasst und die Form der „Rahmen“ entstand. Dadurch wird die Sichtachse auf das Tal gewahrt und durch die transparenten Raumgrenzen gelangt ausreichend Licht in den Entwurf; ein fließender Übergang in die Natur entsteht.
Konstruktionsprinzipien
Das Hauptelement des Entwurfes bildet ein steifer Fachwerkträger mit einem zweiwertigen Festlager auf dem Bergrücken, der den Eingans-/Durchgangsbereich bildet, und in einem Raum endet, der von dem Gebäude aus hin zum Tal auskragt. Der Träger hat ein breites Auflager (einwertiges Loslager) auf den Holzrahmen im EG. Weiter wird er zum Abtragen der Horizontalkräfte sowie zum Schutz vor Torsion von einem Holzrahmen umschlungen, welcher die öffentliche Aussichtsplattform bildet.
An dieser Stelle befindet sich das dritte Auflager (einwertiges Loslager) auf der Stahlbetondecke des Treppenhauses. Da es in dieser Ausführung ein Mehrfeldträger ist, flachen die Momente am Kragarm deutlich ab. Der Hauptteil des Gebäudes, der die Funktionsräume beinhaltet, ist aus einer Holzskeletkonstruktion entworfen, die im EG durch Holzrahmenelemente in die einzelnen Abteile unterteilt wird.
Die beiden Auskragenden Elemente lagern auf der Stahlbetonplattenbalkendecke auf. Die rechte Auskragung ist zusätzlich fest mit dem Stahlbetonelement des Treppenhauses verbunden. In die linke Auskragung laufen die oberen Schwellhölzer des Skelettbaus wie ein Ringanker und werden auf Zug beansprucht vorgespannt. Die vertikalen Lasten werden über den aufgeständerten Stahlbetonsockel abgeleitet.
Gestaltung der Umgebung
Der Entwurf nimmt Rücksicht auf die vorhandene Natur, er richtet sich in Richtung des Tals gen Westen.
Das Gebäude steht auf schmalen Stahlbetonelementen da der Erhaltung der Natur höchste Priorität zugeschrieben wurde, somit wird bei der Errichtung wenig in die vorhandenen Oberflächen eingegriffen. Die Entwässerung der Dächer wird über Abläufe gewährleistet, die versickerungsfähige Böden benötigen, daher gibt es kaum versiegelte Flächen.
Rund um das externe Gebäude, welches die Fahrradwerkstatt und den Fahrradverleih sowie einen überdachten Stellplatz für den Pächter beinhaltet sind vorhandene und befahrbare Schotterwege, über die das Gebiet erschlossen wird. Es sind 4-5 Parkplätze direkt am Gebäude vorgesehen. Weitere Parkmöglichkeiten bietet der 500m entfernt liegende, aufgewertete Parkplatz an der Rothaarhütte. Dieser bekommt schmale gepflasterte Flächen an den Stirnseiten Parkplätze, um das Be- und Entladen der Fahrzeuge zu erleichtern.
Für Gäste, die einkehren und einen längeren Aufenthalt planen, gibt es eine „Saunatonne“ sowie ein Wasserbecken im Aussenbereich. Wanderer und Sportler, die entlang des Rothaarsteiges unterwegs sind, finden bei üblichem Siegener Regenwetter Unterstand in der Brücke, die das Gebäude erschliesst. Dort wäre zudem eine wechselnde Ausstellung gut denkbar - eine Übersicht der regionalen Flora und Fauna evtl. mit Präparaten.
Rund um den Entwurf sind Sitzmöglichkeiten zum verweilen angedacht.
Direkt an dem oberen Höhenweg befindet sich eine Fahrradwerkstatt mit ausreichend überdachten Fahrradstellplätzen, einem Wasseranschluss um Fahrzeuge zu säubern, sowie einer Garage für den Pächter und eine Garage für Leihräder und Gartengeräte. Das Werkstattgebäude ist in einer Rahmenbauweise errichtet.
Das Hauptgebäude wird von Osten über die Brücke erschlossen, die sich bis in den vordersten Aussichtsraum erstreckt. Von der Lobby aus kann man sich in Richtung Süden in die ca 150 m² Gastronomie oder weiter in den 30 m² großen, offenen Ruhe- und Loungebereich begeben.
Nördlich liegen direkt im Eingangsbereich die Sanitärräume.
Der in Richtung Westen orientierte Aussichtsraum kann für besondere Anlässe gemietet werden. Er kann über das darunterliegende Treppenhaus oder über das Hauptgebäude erreicht werden. Die Öffnungen des Treppenhauses im Westen sind mit einem Metallgitter verkleidet, daher ist es als Außenraum zu betrachten. Das Treppenhaus durchdringt die Brücke, ist dort hermetisch von dem Innenraum abgeriegelt und endet oberhalb der Brücke in der Aussichtsplattform. Zudem ist das Treppenhaus von dem am Hang weiter unten gelegenen Weg zu jeder Tageszeit begehbar, somit ist die darüber erreichbare Aussichtsplattform eine besondere Attraktion in diesem Entwurf.
Des Weiteren gibt es drei verschiedene Zimmertypologien: Doppelzimmer mit Loggia und begehbarer Dusche. (25 m²) Doppelzimmer ohne Außenbereich mit Whirlpool. (25 m²) Suite etwas abgelegen mit Whirlpool und Aussicht nach Süden und Westen. (40 m²)
Diese befinden sich im EG des Hauptgebäudes, um die Laufwege der temporären Besucher der Gastronomie und des Ausblickraumes von den privaten Zimmer fern zu halten.
Lageplan und Piktogramme
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Grundrisse
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Ansichten und Schnitte
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Isometrien
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Fassadendetail
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Visualisierungen
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Visualisierungen Innenraum
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